Diese Tour eignet sich ideal für eine entspannte Anreise mit der Bahn, denn der Ausgangspunkt ist der Bahnhof in Reith bei Seefeld 01. Anfänglich folgen wir der Bahnlinie nordwärts, dabei lohnt es sich, den Blick auf die uns begleitende Vegetation zu werfen. Das lila blühende Gemeine Fettkraut – eine unserer heimischen fleischfressenden Pflanzenarten – säumt den Wegesrand. Nach kurzer Zeit führt uns der breite Wanderweg gemächlich bergan (in südlicher Richtung). Dabei durchwandern wir herrliche, lichtdurchflutete Lärchenwiesen, in denen zahlreiche Orchideenarten wie das Gefleckte Knabenkraut als Farbtupfer uns entgegenleuchten. Etwas unscheinbarer ist die eher bleiche Vogel-Nestwurz – ebenfalls eine Orchidee, jedoch ohne Blattgrün (Chlorophyll). Der Wegweiser zur Nördlinger Hütte zeigt bergan. Von nun an geht es in Serpentinen etwas steiler hinauf, so dass wir schnell Höhe gewinnen. Dabei durchschreiten wir einen lichten Kiefernwald, bei dem an etlichen Baumstämmen deutliche Ringelspuren auffallen. Diese stammen vom Dreizehenspecht, der die Baumrinde mit seinem Schnabel perforiert, um so an den nahrhaften Baumsaft zu gelangen. Das rundherum stehende Totholz dient ihm zudem als Nistplatz sowie zahlreichen Insektenarten als Lebensraum. Am Oxenleger 02, wo wir dem Wirtschaftsweg ein kurzes Stück folgen, lohnt es sich, die Baumwipfel mit dem Fernglas abzusuchen. Gerne sitzen hier Singvögel wie das Rotkehlchen oder die Singdrossel und erfreuen uns mit ihrem Gesang.

Weiter bergan geht es anfangs durch einen lichten Bergwald, ehe das Gelände nun offener wird, die Bodenvegetation einen mehr almartigen Charakter aufweist mit Gelbem Berg-Veilchen, Bachbungen Ehrenpreis und Moosauge. Hier halten auch nun Latschen- und Wacholdergebüsche Einzug. Auffallend sind hier darüber hinaus stattliche, kahle Totholzbäume – gezeichnet von der Bearbeitung durch Spechte, die hier nach nahrhaften Käfern und Larven gestochert haben, sowie den ovalen Ausfluglöchern einzelner Bockkäferarten. Deren Larven ernähren sich von Holz. Die Käfer selbst sind durch ihre langen, nach hinten gebogenen Fühler charakterisiert, die meist länger als ihr eigentlicher Körper sind, und so ihrem Aussehen nach den Hörnern der Steinböcke ähneln, wodurch sie diese deutsche Namensbezeichnung erhalten haben.

Neben den hier oben wieder zahlreicher auftretenden Lärchen wachsen hier vor allem Fichten. Oftmals findet man am Boden rund um den Stamm Massen an Samenschuppen, die von den Zapfen gerupft wurden, sowie die Strünke der Fichtenzapfen. Wer war hier am Werk? Auf den ersten Blick lässt sich der "Übeltäter" relativ schnell ermitteln. Es sind Eichhörnchen, die mit ihren geschickten Pfoten die Schuppen lösen, um an die nahrhaften Samen zu gelangen. In der Folge profitiert auch die Waldmaus von den "Abfällen", die den bearbeiteten Zapfen bis auf den holzigen Strunk abnagt.

Wir folgen dem idyllischen Pfad, der uns nun immer wieder Blicke auf die Reither Spitze freigibt und von Alpenrosen gesäumt ist. Hier lohnt es sich genauer hinzusehen, denn – untypischer Weise – es kommen hier sowohl die Bewimperte als auch die Rostblättrige Alpenrose vor! Während die bewimperte Spezies schwerpunktmäßig in den Nördlichen und Südlichen Kalkalpen vorkommt, ist die rostblättrige Art im Kalk vereinzelt anzutreffen, während sie in den silikatischen Zentralalpen häufiger auftritt. Beiden gemein ist ihre Giftigkeit, wie die vieler anderer Rhododendron-Arten auch. Zu unterscheiden sind beide durch die Blattwimpern und die grüne Blattunterseite einerseits bzw. durch die rostbraune Färbung auf der Blattunterseite andererseits.

Zahlreiche Exemplare des weißblühenden Alpen-Fettkrauts säumen den Weg zum ehemaligen Gasthaus Schartlehner 03 auf 1856 m. Auf diesem kleinen Plateau lohnt es sich, die Aussicht zu genießen. Im Nordwesten blicken wir auf Seefeld und den Wildsee sowie westlich auf den Gschwandtkopf (1495 m) oberhalb von Seefeld, die Hohe Munde (2662 m) und das Mieminger Plateau. Frisch gestärkt machen wir uns auf die letzten knapp 400 Höhenmeter bis zur Hütte. Wir haben die Baumgrenze unter uns gelassen und befinden uns nun endgültig im Hochgebirge. Von nun an führt der Steig bald durch Latschensträucher, bald über Almmatten mit Silberwurz und Alpen-Leimkraut.

Wenn wir über unsere Schulter zurück in südliche Richtung blicken, liegt das Inntal tief unter uns und dahinter die eindrückliche Formation der Kalkkögel. Richtung Osten ziehen die senkrechten Gesteinsschichten der Freiungenspitzen unseren Blick auf sich sowie im Hintergrund der Große Solstein (2541 m). Schließlich taucht die Nördlinger Hütte sowie die Reither Spitze (2374 m) in einiger Entfernung vor uns auf, die wir nun nicht mehr aus den Augen lassen. Schnell sind die letzten Meter geschafft. Noch kurz auf den Sattel hinter der Nördlinger Hütte 04erklimmen und ein sagenhaftes Gebirgspanorama belohnt uns für den Anmarsch.