Der Werdersee liegt in Sichtweite der Domtürme. Und scheint doch weit draußen im Grünen. Ein Wasser-, Bade-, und Freizeitparadies mitten in der Stadt mit einem schönen Weg umzu – wie es in Bremen heißt, wenn es drumherum geht.

Start zur Inseltour

Der Ausflug ins Grüne und ans Wasser beginnt gegenüber der Altstadt auf dem 01 Teerhof. Auf der von der Weser und der Kleinen Weser umflossenen Weserinsel wurden im Mittelalter Koggen gebaut. Da die Schiffbauer mit Holz, Teer und Feuer hantierten, wollte man sie nicht in der engen, befestigten Stadt haben und quartierte sie der Feuergefahr wegen auf die Flussinsel vor dem mittelalterlichen Hafen aus.

Hilfe in Seenot

Wir starten in Wesernähe flussaufwärts, unterqueren die Wilhelm-Kaisen-Brücke und kommen zu einem unscheinbaren Gebäude zwischen Fluss und Straße. Viel Platz ist da nicht. In dem Gebäude wird Menschen in Seenot geholfen: bei der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS) gehen Notrufe aus der Nordsee und Ostsee ein. Von hier koordinieren die Retter ihre Einsätze. Auf der Weserseite liegen manchmal Rettungsschiffe auf dem Helgen eines kleinen Werfthafens und werden gewartet. Schräg gegenüber befindet sich die Hochschule für Nautik. Seeleute und Kapitäne werden hier ausbildet und müssen hoffentlich nie Hilfe der DGzRS in Anspruch nehmen. Nicht weit davon steht nicht übersehbar die "Umgedrehte Kommode", Bremens erster Wasserturm. Unverhüllte Technik in Stadtnähe war Ende des 19. Jahrhunderts nicht angesagt. Deshalb bekam das Ständerbauwerk mit Wasserbehälter eine burgturmähnliche Fassade mit vier Ecktürmchen und Scheiben wie Schießscharten. Die Wasserbecken, in denen Weserwasser aufbereitet wurde, sind vor ein paar Jahren Wohnhäusern gewichen.

Große Rudertradition

Auf der Höhe der Tennisplätze biegen wir links ab und am Weserufer nach rechts. Dort reihen sich die Bootsschuppen traditionsreicher Rudervereine. Dann führt der Weg durch eine Baumgruppe und an einem Bretterzaun entlang, durch den ein Kassenhäuschen bei Veranstaltungen Eintritt gewährt. Das "Licht und Luftbad Priegnitz e.V." war einst die vor Blicken geschützte Wiese für FKK-Freunde und ist heute Kulturspielstätte, die sich den Charme alter Zeiten erhalten hat.

Cafè Sand

Auf der Höhe von 02 Cafè Sand erreicht die letzte noch aktive stadtbremische Weserfähre den Stadtwerder und bringt Strandbesucher und Pendler über den Fluss. "Ostertor" heißt das kompakte Schiffchen, dessen Kapitäne bei Lust und Laune ein paar extra Pirouetten auf dem Weg ans andere Ufer drehen. Rund um das Cafè ist Strandleben angesagt mit Eimerchen und Schippe, Beachvolleyball und Bad in der Weser. Das Wasser ist badetauglich. Aber Vorsicht! Die Weser hat hier ordentlich Tidenhub von bis zu 4,50 Meter und bei abfließendem Wasser einen mächtigen Sog. Und Binnenschiffe sind auch unterwegs.

Wo die Weser einen Bogen macht

Das Sträßchen führt ufernah weiter weseraufwärts an ausgedehnten Parzellengebieten entlang und bietet einen prächtigen Blick über die Weser auf den Osterdeich, einem mächtigen Deichbauwerk aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, der die Östliche Vorstadt vor Hochwasser schützt. Auf den Wiesen vor dem Deich findet im Sommer die legendäre "Breminale statt, ein "Umsonst&Draußen"-Festival in Zirkuszelten und auf Open Air Bühnen mit mehr als 200.000 Besuchenden. Dort, wo die Weser einen Bogen macht, stellt sich das Weserstadion in den Blick. Ein Ort, der in den Fangesängen kräftig gefeiert wird und Kult ist. Die Spielstätte von Werder Bremen ist das einzige Bundesligastadion, das noch mitten in der Stadt liegt. Der SV Werder hat seinen Namen vom Ort des Stadions: Werder ist überall an der Weser die Bezeichnung für Außendeichflächen. Wir fahren auf dem Stadtwerder weiter und wechseln an der Carl-Carstens-Brücke die Weserseite. Die Brücke wird auch "Erdbeerbrücke" genannt wird, weil sie in Habenhausen durch große Erdbeerplantagen führte. Die Auffahrt zur Brücke windet sich einem Schneckengang gleich hoch zur Fahrbahn. Auf der anderen Weserseite geht es schräg rechts die Rampe herunter und unten mit einem Turnaround zur Weser zurück, der wir bis zum Weserwehr folgen.

Ebbe und Flut

Am 03 Weserwehr endet die von der Nordsee kommende Flutwelle, das Wehr ist die Grenze zwischen Unterweser und Mittelweser und sorgt für einen kontrollierten Wasserstand in der Mittelweser. Über das Wehr und die anschließende Schleusenanlage für die Binnenschifffahrt - samt Fischtreppe - kehren wir auf den Stadtwerder zurück und fahren in einem Bogen an das Siel, das am östlichen Ende des Werdersees den Einlass von Weserwasser in den Werdersee regelt. Der Werdersee wurde als Flutrinne in Verlängerung der Kleinen Weser angelegt. Im strengen Winter 1981 verstopfte ein Eisstau am Weserwehr den Abfluss des Wassers aus der Mittelweser in die Unterweser. Als der Wasserstand über den Sommerdeich stieg, erwies sich die Flutrinne als unzureichend, und das Wasser bahnte sich ein eigenes neues Bett quer durch die Schrebergärten oberhalb der Erdbeerbrücke. Eine Katastrophe. Danach erhielt der Werdersee seine heutige Gestaltung, die Flutrinne wurde optimiert, der Wassereinlass erst kürzlich naturnah umgestaltet, die Sommerdeichhöhe gesenkt.

Badeleben

Mit Blick auf die Domtürme fahren wir jetzt auf dem Deich am Ufer des Werdersees entlang. Im Sommer herrscht hier reger Badebetrieb, Ruderer, SUP-Paddler, Gummiboote und Luftmatratzen tummeln sich auf dem Wasser. Richtung Stadt weitet sich das flache Ufer. Es gibt große Liegewiesen mit Feuerstellen und einen bewachten 04 Werdersee Badestrand. Hier kann man an der SUP-Station Boards ausleihen, "Vish & Chips" essen oder eine Limo trinken. An der nächsten Brücke queren wir das Gewässer und fahren auf dem Deich der Neustädter Seite weiter. Bald darauf erreichen wir die 05 Städtische Galerie und die Schwankhalle. Das städtische Kulturzentrum mit Ausstellungen zeitgenössischer Kunst und zwei Theater- und Konzertsälen war einst eine Brauerei. An der Pipe, einem ehemaligen Winterhafen für Boote, biegen wir nach links ab, queren die Friedrich-Ebert-Straße und fahren in die Neustadts Contrescarpe. Die Parkanlage entstand, als die städtischen Verteidigungsanlagen geschliffen wurden. Am Neuen Markt entlang und über die Brautstraße erreichen wir eine Brücke, die uns über die Kleine Weser zurück auf den 01 Teerhof bringt. Bevor die Tour endet: 06 Die Weserburg Museum für moderne Kunst ist ein unbedingtes Muss jedes Ausflugs. Auch draußen gibt es Kunst: Sol LeWitts "Three Traingles" auf der Weserbrücke und Monica Bonvicinis Lichtkunst "Power Joy Humor Resistance" gehören mit zum "Kunst im öffentlichen Raum"- Programm der Stadt.

Ums Wasser