Die Tour führt an Wümme und Hamme vorbei in die weite Niederung des Teufelsmoors und hat in Worpswede mit dem Weyerberg ihren geografischen und kulturellen Höhepunkt. Zurück geht es über Lilienthal. Die Strecke ist durchgängig beschildert.

Blockland

Die Tour ab dem Nordausgang des 01 Hauptbahnhofs Bremen verlässt die Stadt schnell Richtung Kleine Wümme und Wümme. Auf dem Deich geht es zur Brücke an der Nordseite. Dort wechseln wir auf das niedersächsische Flussufer und fahren flussaufwärts. Kurz vor Höftdeich verlassen wir den Deich nach Norden. Schon bald fällt der Blick auf den roten, grad eben so aus einer Baumgruppe herausschauenden, Turm der St. Jürgen Kirche. Ihr poetischer Name: 02 Heiliger Georg im Lande der Gräser. Im 12. Jahrhundert wurde die Siedlerkirche auf eine hochwassersichere Warft gebaut. Das war bitter nötig. Denn das kleine Gotteshaus lag meist inselgleich im überschwemmten St. Jürgen Land und die Besuchenden kamen mit Kähnen. Die Eisenringe, an denen sie festmachten, sind noch in der Backsteinmauer der Warft verankert.

Hammeniederung

Die Hamme, die wir bei Tietjens Hütte erreichen, war Torfkahnverkehrsader zwischen den Dörfern, die ab Mitte des 19. Jahrhunderts im Rahmen der Moorkolonisation entstanden, und der Stadt. Der Kolonisationsplan war, die unfruchtbaren Hochmoore, die bis zu 12 Meter Mächtigkeit hatten, zu entwässern und den Torf abzugraben, bis auf den Flächen Landwirtschaft möglich wurde. Tatsächlich dauerte es Generationen, bis nicht mehr der Torf das karge Leben im Moor ermöglichte. Tietjens Hütte, Melchers Hütte und Neu Helgoland waren Torfkahnschiffer-Hütten auf dem weiten Weg, den zehntausende von Torfkähnen in die Stadt nahmen. Heute sind die Hütten Ausflugslokale und die Torfkähne transportieren Gäste. Wir nehmen den schönen Sommerdeichweg direkt an der gemächlich fließenden Hamme. An den Ufern erstrecken sich baumlose Grünflächen, die im Kampf gegen den Klimawandel ein Risiko oder eine Chance sind. Es handelt sich um Niedermoorflächen, in denen Torf lagert, Pflanzenreste, die sich in der Nässe der Niederung nicht oder nicht komplett zersetzen. Das in ihnen gespeicherte CO2 bleibt dort, solange der Boden nass ist. Wird er trockengelegt, um ihn landwirtschaftlich zu nutzen, zersetzen sich die Pflanzenreste und CO2 wird frei. Deutschlandweit müssten jedes Jahr 50.000 Hektar Niedermoor vernässt werden, damit das Moor zur CO2-Senke wird.

Das Schwimmende Land von Waakhausen

Der Sommerdeich gehört zum Dorf Waakhausen, dessen Höfe in der Ferne inmitten von Baumgruppen auf Warften stehen. Hier gab es das Phänomen des "Schwimmenden Landes". Bevor das Land eingepoldert wurde, war es häufig überschwemmt. Wenn die winterlichen Eisflächen tauten, schwamm häufig Land samt Gebüsch auf und trieb als Insel über das Wasser.

Land of Green

Bei 03 Melchers Hütte und der "Brücke mit dem Knick" verlassen wir die beschilderte Route für ein paar Kilometer und fahren auf einem wunderbaren Pfad durch die Wiesen zum 04 Land of Green. Auf dem Platz an der Semkenfahrt hat sich rund um eine alte Warft ein Glamping mit Stellflächen und unterschiedlichen Tiny Houses etabliert. Ein stilvoller Kiosk hat Waffeln, Kaffee und Kanus im Sortiment.

Moorexpress

Nach einer kurzen Radweg-Passage an der Landstraße biegen wir auf eine Moorklinkerstraße ab und erreichen parallel zu den Bahnschienen des Moorexpresses über Weyermoor Worpswede. Vorbei an der Mühle - ab dort folgen wir wieder der Beschilderung - kommen wir zum 05 Worpsweder Bahnhof. Die Bahnstrecke erreichte 1910 Worpswede und war die erste Landverbindung durchs Teufelsmoor. Den Worpsweder Bahnhof gestaltete der Jugendstilkünstler Heinrich Vogeler. Aktuell fährt der Moorexpress saisonal. Der Bahnhof ist sehens- und empfehlenswertes Restaurant.

Die Karrieren eines Dorfes

Auf dem Weg ins Zentrum des Künstlerdorfes kommen wir durch den alten Ortskern. Acht Hofstellen lagen hier am Weyerberg. Sie hatten Zugang zu den Niedermoorflächen der Hamme und nutzten die trockenen Standorte auf dem Berg, der wie eine Insel im Teufelsmoor aufragt: Worps – der Hügel, Wede – der Wald. Bewegung in die Ortsentwicklung kam mit der Moorkolonisation. Worpswede wurde das Zentrum der Moordörfer. 1759 war die Kirche gebaut. Seit 1900 gibt es dort Fresken von Paula Modersohn-Becker und Putten von ihrer Bildhauerfreundin Clara Westhoff. Eine Strafarbeit für illegales Glockenläuten und Überbleibsel der nächsten Karriere-Etappe des Dorfes. Landschaft und Licht begeisterten Ende des 19. Jahrhunderts Künstler in ganz Europa. Auch nach Worpswede kamen Künstler und fanden künstlerische Freiheiten abseits der Akademien und Abstand von der spießigen Enge des Kaiserreichs. Die Bilder von Fritz Mackensen, Otto Modersohn, Hans am Ende, Fritz Overbeck und Heinrich Vogeler, den Gründern der Kolonie, und von Künstlerinnen wie Paula Modersohn-Becker, Clara Westhoff und Ottilie Reyländer machten das Dorf weit über Deutschland hinaus bekannt. Auch als die Zeit der Künstlerkolonien mit dem Ersten Weltkrieg endete, blieb Worpswede Künstlerdorf, weil Galerien und Händler Kunst sammelten, handelten und ausstellten. Das prägte das Dorf sichtlich und zog Kunstschaffende und Kunstsinnige an. Obwohl der Konsens der Gründer dahin war. Es gab übel nationalistische Tendenzen und Künstler wie Fritz Mackensen stützten den Nationalsozialismus. Aber es gab andere: Heinrich Vogeler etwa wurde Kommunist und stellte seinen Barkenhoff, das kulturelle und soziale Zentrum des Ortes, der Roten Hilfe zur Verfügung. Die Werke der bereits 1907 verstorbenen Paula Modersohn-Becker wurden von den Nazis als entartet diffamiert, bevor sie als Türöffner der Moderne Eingang in die Kunstgeschichte fanden. Bis heute ist Worpswede mit seinem kulturellen und architektonischen Erbe und wegen des zeitgenössischen Kulturlebens lebendiges Künstlerdorf. Zu sehen etwa bei 06 Mimis Erbe, in der 07 Großen Kunstschau oder der 08 Käseglocke. Zurück geht es über den 54,4 Meter hohen Weyerberg, vorbei am Niedersachsenstein, einem skurrilen Backstein-Großdenkmal hinab ins Moor. Birkenalleen begleiten uns nach Südwede. Vorbei an Hochmoorresten geht es nach Falkenberg. Ab da folgt die Strecke der Wörpe bis in den Ortskern mit der Klosterkirche St. Marien und dem Amtsgarten. Ende des 18. Jahrhunderts war hier Johann Hieronymus Schröter Amtmann. Nebenher war er bedeutender Astronom. Mit seinem Hausmeister zusammen baute er das damals leistungsfähigste Teleskop, dessen Nachbau an der Wümmebrücke bestaunt werden kann.

Universum

An Wümme und Kuhgraben entlang und vorbei an Fallturm und Universum, den ikonischen Symbolen des modernen Bremens, finden wir zurück in die Stadt. Nur noch Stadtwald und Bürgerpark trennen uns vom Bahnhof. Falls wir nicht für eine Nacht in Worpswede steckengeblieben sind oder einen letzten Stopp im 09 Haus am Walde einlegen, bevor wir wieder zurück zum Bahnhof radeln.

Stadt, Land, Kunst